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Küken

Kükenschreddern bleibt erlaubt

Datum: 13.06.2019Quelle: Bundesverwaltungsgericht | Ort: Leipzig

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat das massenhafte Töten männlicher Küken in der Legehennenzucht übergangsweise als rechtmäßig bestätigt. Bis zur Einführung von alternativen Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Hühnerei dürfen Brutbetriebe männliche Küken weiterhin töten, urteilte das Gericht am 13.06.2019. (BVerwG 3 C 28.16)

Die bisherige Praxis wurde jahrzehntelang hingenommen, heißt es. Vor diesem Hintergrund kann von den Brutbetrieben eine sofortige Umstellung ihrer Betriebsweise nicht verlangt werden. Bereits im Zeitpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts war absehbar, dass in näherer Zukunft eine Geschlechtsbestimmung im Ei möglich sein würde. Die weitere Entwicklung hat diese Einschätzung bestätigt. Ohne eine Übergangszeit wären die Brutbetriebe gezwungen, zunächst mit hohem Aufwand eine Aufzucht der männlichen Küken zu ermöglichen, um dann voraussichtlich wenig später ein Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei einzurichten oder ihren Betrieb auf das Ausbrüten von Eiern aus verbesserten Zweinutzungslinien umzustellen. Die Vermeidung einer solchen doppelten Umstellung ist in Anbetracht der besonderen Umstände ein vernünftiger Grund für die vorübergehende Fortsetzung der bisherigen Praxis.

Das Land Nordrhein-Westfalen hatte das Kükentöten 2013 per Erlass stoppen wollen. Zwei Brütereien aus NRW klagten dagegen. Jedes Jahr werden in Deutschland laut Bundeslandwirtschaftsministerium rund 45 Millionen männliche Küken nach dem Schlüpfen getötet. Sie sind für die Zucht von Legehennen überflüssig und eignen sich auch nicht für die Mast.

Alternative Zweinutzungshuhn

Matthias Wolfschmidt, internationaler Kampagnendirektor der Verbraucherorganisation foodwatch äußert sich zu dem Urteil wie folgt: „Tierschutz ist Staatsziel – so steht es im Grundgesetz. Aber: Das millionenfache Töten männlicher Küken aus rein wirtschaftlichen Gründen steht in einem eklatanten Widerspruch zu dem im Grundgesetz verankerten Staatsziel Tierschutz. Die Verfassung verspricht den Tieren Schutz – das Tierschutzgesetz hebelt diesen Schutz aus. Wenn das Tierschutzgesetz das massenhafte Töten männlicher Küken aus rein wirtschaftlichen Gründen erlaubt, dann ist es in seiner jetzigen Form verfassungswidrig. Es ist höchste Zeit, dass Bundesagrarministerin Julia Klöckner das Tierschutzgesetz auf den Prüfstand stellt.

Das Grundproblem ist, dass die Hühner entweder für eine extreme Legeleistung oder eine extreme Mastleistung gezüchtet werden. An diesem System ändert sich auch nichts, wenn im Brut-Ei das Geschlecht bestimmt wird und männliche Küken nicht auf die Welt kommen. Denn auch die Legehennen leiden heute massiv: Hohe Sterblichkeitsraten, Knochenbrüche und Brustbeinschäden infolge einer zu geringen Knochenfestigkeit, Eileiterentzündungen, eine große Anfälligkeit für Infektionskrankheiten – das alles gehört zu den fatalen Folgen der einseitigen Hochleistungszucht. Mit dem grundgesetzlich verankerten ‘Staatsziel Tierschutz’ sind diese Zustände nicht vereinbar. Statt auf Geschlechterselektion zu setzen, muss sich Bundesagrarministerin Klöckner für ein Ende der einseitigen Hochleistungszucht einsetzen. Die Verwendung von sogenannten Zweinutzungshühnern, die sowohl für die Eierproduktion als auch für die Mast geeignet sind, ist eine gute Alternative. Diese sind gesundheitlich weniger anfällig und auch die Hahnenküken können als Nutztiere eingesetzt werden.”

Für Inga Günther, Geschäftsführerin der Ökologischen Tierzucht (ÖTZ) bedeutet die Geschlechtsbestimmung im Ei sogar eine „Verschlechterung der Zustände“, da bei dieser Methode eine Verwertung wie beim „Futterküken“, das in Zoos oder Adlerwarten verfüttert wird, nicht möglich sei – und das Kükentöten zudem nur vorverlegt würde. Echte Lösungen sind hingegen die Bruderhahnaufzucht sowie Zweinutzungshühner, die sowohl Eier legen als auch Fleisch ansetzen. Ein solches echtes Zweinutzungshuhn für die Biobranche züchtet die ÖTZ, ein gemeinsames Projekt von Bioland und Demeter. Schon heute bietet die Ökotierzucht mit den Hühnern und Hähnen eine ganzheitliche Lösung, bei der die männlichen Tiere aufgezogen werden und ihr Fleisch als kostbares Lebensmittel kulinarisch und finanziell wertgeschätzt wird. „Damit starten wir nicht weniger als eine Revolution in der Geflügelhaltung. Wir setzen zu hundert Prozent auf Bio und Tierwohl von Anfang an – mit konzernunabhängiger, ökologischer Tierzucht in Bauernhand“, betont sie.

Martina Kalus / Redaktion

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