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dert haben, und man als Unternehmer darauf reagieren kann. Neben den klassischen Kaufkriterien „ Genuss“, „Qualität“ und „gesunde Ernährung“ tritt verstärkt das bewusste Einkaufen nach As-pekten wie Bio, Fair Trade, artgerechte Tier-haltung oder kürzere Transportwege in den Mittelpunkt. Ein Trend, der sich angesichts der wachsenden Zielgruppe der sogenannten „Lohas“ (Lifestyles of Health and Sustaina-bility) weiter potenzieren wird. Bereits jeder vierte deutsche Haushalt zählt zu dieser Ziel-gruppe, die genussorientiert und ethisch-moralisch Lebensmittel konsumieren will. Das Thema Regionalität wird angesichts dieser Entwicklung auch in den nächsten Jahren eines der zentralen Themen sein, wenn es um die Gunst der Verbraucher bzw. Kunden geht. Neben der Gesundheit und der Belas-tung von Lebensmitteln sind es vor allem die Themen Bio und Regionalität, die weit vorn in der wahrgenommenen Präsenz der Verbrau-cher stehen. Das „Wo kaufe ich ein?“ und die Herkunft eines Produktes werden angesichts einer zunehmend kritischen Käuferschicht im-mer entscheidender. VERBRAUCHER SIND SENSIBILISIERT Der Begriff Regionalität ist in der Gesellschaft weit verbreitet – 83 % der Befragten haben davon gehört. Auch das Verständnis des Be-griffs ist sehr hoch; für 93 % bedeutet er „Pro-dukte aus der Region“. Etwas weniger als die Hälfte der Befragten definieren Regionalität als den Großraum um ihre Stadt, für exakt die Hälfte ist es ihr Bundesland. Insbesondere die kaufkräftige Mittel- und Oberschicht ist bereit, für regionale Marken oder Produkte mehr zu bezahlen. Regionalität ist nach Einschätzung der Verbraucher ein recht aktuelles Thema, das in Deutschland erst seit etwa fünf Jahren im Gespräch ist, die Diskussion rund um Le-bensmittel aber vermutlich noch viele Jahre begleiten wird. Regionalität ist als Thema für Verbraucher deutlich wichtiger, als verwandte Themen wie Nachhaltigkeit, Bio oder Fair Trade-Produkte. Die große Mehrheit der Befragten (80 %) kennt ungestützt kein Siegel bzw. Logo, das regionale Produkte zertifiziert. Gestützt wer-den vor allem „Regional Geprüft“ (34 %), „Qua-lität und Frische aus der Region“ (25 %) sowie „Geprüfte Qualität Schleswig-Holstein“ (23 %) genannt. Weitgehend ungeeignet zur Zertifi-zierung 89% 85% n = 1.300 57% von Regionalität erscheinen das Fair 91% Trade-Siegel (11%) sowie das EU-Bio-Siegel (4 %). KEIN KLARES BILD Mit der wachsenden Popularität des Themas entsteht zugleich ein diffuses Bild von Regionalität. Durch die Vielzahl unterschiedlichster Maßnahmen und Botschaften im Kontext da-mit entsteht auf Verbraucherseite ein „Wahr-nehmungs- Flimmern“: Das Thema ist zwar omnipräsent, aber inhaltlich nicht eindeutig definiert, so dass es an Vertrauen und Relevanz einzubüßen droht. Eine stärkere Eingrenzung des Themas für mehr Transparenz und Rele-vanz beim Verbraucher ist daher wünschens-wert. Dazu zählen einheitliche Spielregeln für Handel, Handwerk und Industrie in der Auslobung regionaler Produkte durch nach-vollziehbare Eingrenzung der geografischen Herkunft, definierte Qualitätsstandards oder neutrale Bewertungssysteme. Regionalität ist für den Verbraucher zwar sichtbar, aber weniger kanalspezifisch als an-dere Themen: Regionalität findet auf allen Kanälen statt, ohne jedoch einen spezifischen Kanal zu dominieren, z. B. Bio im Supermarkt oder Nachhaltigkeit in den Medien. Vor allem im Internet und am POS vergeben die meis-ten regionalen Marken damit die Chance, ihre Konsumenten emotional zu überzeugen. Dort, wo Storytelling, Inszenierung der Erzeu-ger und Interaktion stattfinden können, findet Regionalität aus Verbrauchersicht meist am wenigsten statt. NICHT IMMER „VOR ORT“ Regionalität wird heute weiter gefasst als noch vor einigen Jahren: Das Thema entwi-ckelt sich immer mehr zu einer (größeren) subjektiven, anstatt zu einer spezifischen räumlichen Abgrenzung der Region. Diese Entwicklung zeigt, welches Potenzial in der Vermarktung von Regionalität liegt, auch und gerade für das Fleischerhandwerk. Wenn die Grenzen emotional immer weiter gefasst werden, ergibt sich die Chance zur stärkeren Unterscheidung zwischen Regionalität und Lokalität. Damit entsteht Platz für Spezialisie-rung und weitere Expansion. Eine Stärkung von lokal verwurzelten Anbietern mit eng ge-fasstem, spezifischem Vertriebsgebiet auf der einen Seite, sowie die breite Auffassung von „regional“ auf der anderen Seite ermöglichen eine Akzeptanz und Relevanz durch die Kun-den auch außerhalb der eigenen Region. In der Kommunikation ist Regionalität für den Verbraucher vor allem eine Bauch-, aber keine Kopfsache. Und so bedienen rationale Argu-mente alleine auch nicht nur die Sehnsüchte der Kunden. Eine Kombination aus emotio-naler, glaubwürdiger Inszenierung der Sehn-süchte sowie einer Dosis an relevanten Fakten scheinen am zielführendsten zu sein. Gerade Fleischerfachgeschäfte stehen für Regionalität und sollten Schlagworte wie Frische, kurze Wege oder Transparenz immer wieder aktiv vermitteln. Eine persönliche Be-ratung finden Verbraucher an den SB-Theken des Handels nämlich nicht – und das sollte man unbedingt für sich nutzen. Das Wichtigste in Kürze:  Regionalität ist klar etabliert, aber für den Verbraucher oft nicht eindeutig fassbar.  Subjektivität, Qualität und Emotionen spie-len eine zentrale Rolle bei der Inszenierung von Regionalität.  Regionalität war, ist und bleibt in Zukunft ein wichtiges Thema.  Der Verbraucher sehnt sich nach einer eindeutigen Deklaration.  Regionalität ist ein Thema, in dem nach wie vor sehr viel Wertschöpfung steckt. Die Studie ist gegen eine Schutzgebühr von 75 E (zzgl. MwSt.) bei der DLG (E-Mail: G.Oppenhaeuser@DLG.org) oder bei der Agentur taste! (www.taste.de) erhältlich. Rationale Werte Typisch regionale Produkte Kurze Wege Frische Nach-haltigkeit Kurze Wege verbinden 89 % der Befragten mit dem Begriff Regionalität. MARKTFORSCHUNG 16 1/2015 


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