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FH_01_2014

„Zurück zum Handwerk” Wachsen oder weichen? Die 1938 gegründete Fleischerei Moll entschied sich für eine Betriebsverkleinerung und trennte sich im vergangenen September bis auf das Stammhaus in Letter von allen vier Filialbetrieben in Hannover Stadt sowie im Umland. Firmenchef Thomas Moll berichtet, wie es dazu kam und wie es nun weiter geht. Herr Moll, wer hat die Filialen übernommen und was wurde aus den 40 Mitarbeitern, die dort beschäftigt waren? Wir haben unsere Filialen an den Wurst-Basar abgegeben, den größten Filialisten in Hanno-ver. Wir kennen die Eigentümerfamilie sehr gut und somit war das schnell entschieden. Alle Mitarbeiter, auch die in der Produktion und Ver-waltung, wurden von Wurst-Basar nach §613a übernommen. (Anmerk. d. Red.: Dieser BGB-Para-graph regelt die Rechte und Pflichten bei Betriebs-übergang) Die Entscheidung, alle Filialbetriebe abzugeben, war sicher kein leichter Schritt. Warum haben Sie sich dafür entschieden? Es gab zum einen persönliche Gründe. Meine Frau ist zehn Jahre jünger als ich und wir ha-ben noch kleine Kinder im Alter von 4 und 7 Jahren. Einfach weiterzumachen wie bisher, das heißt sechs Tage die Woche von morgens 5 bis abends 19 Uhr durchzuarbeiten, ständig in der Firma zu sein und die Kinder höchstens sonn-tags zu sehen, das konnte ich mir so nicht mehr vorstellen. Ich bin 48 Jahre alt und möchte nicht bis Mitte 70 arbeiten. Darauf zu warten, dass meine Kinder mal den Betrieb übernehmen, kommt nicht in Frage, denn sie sind noch viel zu klein. Ein weiterer Grund war, dass wir in unse-rem Marktsegment mit fünf oder sechs Filialen eigentlich zu klein sind. Man muss mindestens 12 oder 15 Filialen betreiben, um Geld zu verdie-nen. Das Problem ist aber, dass man dann auch eine entsprechende Führungsstruktur im mitt-leren Management haben muss, und das kostet wiederum Geld. Es ist eine Zwickmühle. Sie hätten Ihre gut gehende Filiale im Langenhagener Einkaufszentrum doch behalten können? Stimmt, diese Filiale war ein Spit-zenstandort. Dort haben wir im letzten Jahr 1,25 Mio E Jahresum-satz gemacht. Das muss man erst einmal dre-hen. Diese zu behalten, wäre aber wieder von der Gestaltung her schwierig gewesen. Wir muss-ten die „Braut ja auch etwas hübsch machen“, da kann man sich nicht einfach die gut gehenden Außenstellen behalten. Hätten Sie eine Alternative gehabt? Wir hätten unseren Produktionsbetrieb auswei-ten und in den LEH gehen können. Dann hätte ich Riesensummen in Verpackungsmaschinen investieren müssen. Doch das Risiko ist einfach zu groß, wenn dann ein Kunde den Hahn zudreht. Sie behalten ihren Stammsitz. Wie möchten Sie sich dort künftig positionieren? Ich will zurück zum Handwerk, so wie ich das mal gelernt habe. Zudem haben wir einen sehr starken Partyservice, und meine Frau und ich haben beschlossen, diesen Bereich auszubauen. Unser Stammgeschäft macht ja einen ganz ordentlichen Umsatz. Kunden, die früher in unseren Filialen in den benachbarten Gemein-den eingekauft haben, kommen schon zu uns herübergefahren, um Wurst zu kaufen. Ein Kollege in Wunstorf hat unsere komplette Groß-handelsschiene übernommen. Er stellt nun rund 20 Produkte in unserer Lizenz her. Mein Cousin, der bisher Meister in meinem Betrieb war, ar-beitet dort, und hat die Produktion im Auge. Ich brauche keine Riesenproduktion mehr. Sie produzieren aber trotzdem im Stammbetrieb weiter, oder? Natürlich. Bei uns in Norddeutschland ist Thü-ringer Mett ein Riesenthema. Das machen wir selbst. Es gibt nur wenige Betriebe im Raum Hannover, die das auf unsere spezielle Weise herstellen – nicht mit dem Wolf, sondern mit dem Kutter. Dafür muss man das Material sehr aufwändig vorbereiten. Die Fleischabschnitte, das Kutterfleisch und das Kutterfett verarbeite ich zu bestimmten Wurstsorten. Stehen Veränderungen im Sortiment an? Wir haben im Bereich Bio ein paar mehr Produkte hinzugenommen, ansonsten werden wir unser Sortiment nicht groß verändern. Was die Bio- Schiene betrifft, müssen wir erst einmal sehen, wie die Produkte angenommen werden. Erst dann lohnt es sich zu überlegen, Bio auch auf die Frischfleisch-Schiene auszuweiten. Welche Nische möchten Sie besetzen? Partyservice, Catering und Individualverkauf, mit Beratung am Kunden. Es spricht für uns, dass wir gerade im Stammhaus deutliche Zuwächse haben, im Vergleich zu früher. Das zeigt, dass die Kunden Wert auf einen per-sönlichen Umgang legen. Gerade im Stammhaus, wo der personenbezogene Umgang so wichtig ist, sind meine Frau und ich wieder präsenter. Vielen Dank für das Gespräch! Nathalie Kopsa www.fleischfachmann-moll.de Foto: Kopsa 1/2014 37 HANNOVER FLEISCHER MIT ERFOLG


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