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Nachhaltigkeit

Umfrage: Nachhaltigkeit im Fleischerhandwerk

Datum: 07.12.2020Quelle: B&K MedienGesellschaft Redaktion 24 Stunden Gastlichkeit | Fotos: Unsplash, Theimer, Metzgerei Holzner, Metzgerei Heimann Ort: München

Begriffe wie Nachhaltigkeit, Saisonalität und Regionalität gehören mittlerweile zum guten Ton eines jeden Unternehmens. Aber können Gastronomie, Hotellerie, Gemeinschafts- und Schulverpflegung auf der einen, und Lebensmittelproduktion auf der anderen Seite, überhaupt Produkte für eine ausgewogene Ernährung mit einem nachhaltigen Einkauf, Umweltschutz, Wirtschaftlichkeit und sozialem Engagement unter einen Hut bringen? Die Antwort auf diese und weitere Fragen liefern 860 Verantwortliche aus Gastronomie (26,3 %), Hotellerie (19,1 %) Gemeinschaftsverpflegung (27 %), Schulverpflegung (8,4 %), Fleischerhandwerk (16,5 %) und Lebensmittelproduktion (2,8 %).

Sie alle haben bei unserer Umfrage zum Thema Nachhaltigkeit im Außer-Haus-Markt mitgemacht. Die Ergebnisse verdeutlichen: Nachhaltigkeit spielt in der gesamten Branche eine entscheidende Rolle. So schreiben drei Viertel (71,5 %) der Befragten dem Thema eine ganzheitlich sehr große bzw. großteils große Bedeutung zu. Weitere 24 % sagen, dass es zumindest in einigen Teilbereichen bzw. Abteilungen des Unternehmens einen gewissen Stellenwert hat. Nur 1,3 % der Unternehmen geben an, dass Nachhaltigkeit für sie gar keine Rolle spielt. In der Sonderausgabe #spürbargrün haben wir die Gesamtsituation im Gastgewerbe betrachtet. Doch wie gestaltet sich die Lage im Fleischerhandwerk? Wie nachhaltig sind die Betriebe in dieser Branche aufgestellt? Unsere Umfrage liefert Antworten:

Nachhaltigkeit im Fleischerhandwerk

Um es vorweg zu nehmen: Die Ergebnisse in diesem Teilbereich entsprechen, bis auf zwei oder drei Prozentpunkte Differenz, im Großen und Ganzen der Gesamtwertung. So ist Nachhaltigkeit für fast alle verantwortlichen Befragten aus dem Bereich Fleischerhandwerk (97 % im Vergleich zu 98,2 %) persönlich ein wichtiges Anliegen. Doch warum ? Ein Umfrageteilnehmer argumentiert: „Ich habe Kinder! Außerdem sollte es eine Selbstverständlichkeit für jeden Erdenbürger sein, die Ressourcen zu schonen, wo es nur geht und den Planeten sauber und gesund zu halten.“ Zudem glauben 63,9 % (im Vergleich zu 67,3 %) der Befragten, dass Nachhaltigkeit langfristig wieder ein wichtiger Maßstab wird – auch und vor allem in Bezug auf unternehmerische Entscheidungen. „Der Wettbewerb im Markt wird sich in der Zukunft in puncto Nachhaltigkeits-Strategie entscheiden“, ist sich z. B. ein Umfrageteilnehmer sicher. „Wenn wir nicht verantwortungsvoller mit unseren begrenzten Ressourcen umgehen, schaden wir nachweislich nicht nur unserer Gesundheit, sondern auch dem Planeten auf dem wir Leben. Dabei kann jeder einzelne schon einen kleinen Beitrag leisten“, ergänzt ein weiterer Umfrageteilnehmer.

Unterstützung gefordert

Dafür bedarf es aber auch der Unterstützung durch Gast und Verbraucher: Werden die Maßnahmen nicht akzeptiert und angenommen, wird es mit der Umsetzung langfristig schwierig. So behaupten etwa 67,2 % (im Vergleich zu 68,1 %) der Umfrageteilnehmer, dass die Voraussetzung für einen nachhaltigeren Konsum ein verändertes Konsumverhalten ist. „Nachhaltigkeit kostet Geld und der Endkunde muss bereit sein, seinen Beitrag dazu zu leisten“, sagt etwa ein Gastgeber und bekommt Unterstützung durch einen weiteren Teilnehmer: „Der Wert nachhaltiger und regionaler Lebensmittel müsste vom Endverbraucher und den Zwischenhändlern höher eingestuft werden.“ Der eine oder andere Umfrageteilnehmer konnte diese Veränderung im Bereich des Konsumverhaltens wahrnehmen: „Ich denke das sich im Bereich Nachhaltigkeit sehr viel in den nächsten Jahren tun wird, vor allem weil der Verbraucher es fordert. Dadurch werden auch die großen nachziehen müssen“, berichtet Manuel Englberger, Gesellschaftender Geschäftsführer, Metzgerei Jais in München.

Nachhaltigkeit
Unterstützung ist aber auch seitens der Politik gefordert: 41 % (im Vergleich zu 50 %) der verantwortlichen Befragten wünschen sich durch die Politik geschaffene Rahmenbedingungen und Steuerungsmechanismen für das Thema Nachhaltigkeit. „Bei dem Thema ist die Politik gefragt. Denn es wurden in den letzten Jahrzehnten die regionalen Strukturen in unserer Branche durch bestimmte Gesetze und Verordnungen zerstört; Selbstschlachtung der Metzger oder auch der Erhalt der kleinen regionalen Schlachthöfe“, erklärt etwa Peter Heimann, Geschäftsführer Metzgerei Heimann, Grafing (Bild linls). Zudem sind 50,8 % (im Vergleich zu 56,6 %) der Ansicht, dass nachhaltig handelnde Unternehmen von der Bundesregierung gefördert werden sollten.

Erschwerte Bedingungen

Denn grundsätzlich gibt es auch einige Argumente und Gründe, die nachhaltiges Handeln für Unternehmen und Betriebe erschweren. So geben etwa 50,8 % (im Vergleich zu 52,4 %) der Befragten an, dass der Kostendruck ein großes Hemmnis innerhalb der gesamten Branche darstellt. „An vielen Stellen ist Nachhaltigkeit aus Kostengründen schwer realisierbar; regional bedingt erlaubt unsere Preisstruktur einen nur sehr geringen Spielraum, unsere persönliche Überzeugung auch im Betrieb umzusetzen“, gibt ein Umfrageteilnehmer zu bedenken.
Zugleich bemängeln viele Umfrageteilnehmer die fehlende Transparenz der Zulieferer: So geben 49,2 % (im Vergleich zu 53,3 %) an, dass sie sich mehr Transparenz von der entsprechenden Seite wünscht. 49,2 % (im Vergleich zu 38,7 %) der Befragten erklärt darüber hinaus, dass die Überprüfung der Lieferanten in puncto Nachhaltigkeit zu viel Zeit erfordert. Dementsprechend fordern 39 % (im Vergleich zu 57,4 %) der Umfrageteilnehmer weltweite einheitliche, anerkannte Standards, um Lieferanten und Produkte besser beurteilen zu können. Es darf nicht unerwähnt bleiben, dass fast ein Drittel (28,8 % im Vergleich zu 42,6 %) der Meinung ist, dass sich die Informationslage bzgl. der Umwelteigenschaften von Produkten und Rohstoffen in den vergangenen Jahren verbessert hat – auch dank der nach und nach eingeführten Siegel. Auch geben 16,9 % (im Vergleich zu 47 %) der Befragten an, dass manche Siegel bereits eine gute Orientierung bei der Auswahl von Rohstoffen bzw. Lieferanten bieten. Gleichzeitig geben aber 32,2 % (Im Vergleich zu 20,9 %) der Befragten an, dass sie keinen Durchblick im Siegel-Dschungel haben.

Zertifizierung? Muss nicht sein!

NachhaltigkeitSiegel und Auszeichnungen spielen aber nicht nur im Bereich der Zulieferer eine Rolle, sondern auch bei den Betrieben selbst – wenn auch eine untergeordnete. Lediglich 10,9 % (im Vergleich zu 34,3 %) der Befragten geben an, eine Zertifizierung im Bereich Nachhaltigkeit zu besitzen, gleichzeitig planen aber weitere 17,1 % (im Vergleich zu 24,34 %) in Zukunft auf eine solche Zertifizierung hinzuarbeiten. Nichtsdestotrotz: Die deutliche Mehrheit (89,1 % im Vergleich zu 65,7 %) verzichtet auf Auszeichnungen. Dabei sind die Gründe, die gegen eine Zertifizierung sprechen, vielfältig: Fast die Hälfte (42,4 % im Vergleich zu 49,3 %) gibt z. B. an, dass eine Zertifizierung für den eigenen Betrieb nicht ausschlaggebend sei. Zudem sind 72,7 % (im Vergleich zu 45 %) der Befragten der Meinung, dass damit zu viel Aufwand verbunden ist. Damit einher geht die Aussage von weiteren 54,5 % (im Vergleich zu 43,6 %), dass Kosten und Nutzen einer solchen Zertifizierung in keinem Verhältnis stehen. Für Umfrageteilnehmer Philipp Neumann, Inhaber von „Meat&Love“ in Betzdorf (Bild linls), ist klar: „Bio und Siegel haben nichts mit Nachhaltigkeit zutun, das können Betriebe ohne diese Siegel um vielfaches Besser das ist keine Entscheidungskriterium.“ Auch andere Befragte bewerten die Zertifizierungen und Auszeichnungen lediglich als erweiterte Marketingmaßnahme.

Jede Kleinigkeit zählt

NachhaltigkeitBleibt noch die Frage, in welche Richtung sich das Thema Nachhaltigkeit zukünftig entwickeln wird. Hat etwa die aktuelle Situation negative Auswirkungen? Oder werden gerade wegen der Pandemie vermehrt Betriebe auf Nachhaltigkeit setzen? Immerhin 41 % (im Vergleich zu 28,2 %) der Umfrageteilnehmer geben an, dass das Thema aufgrund der Coronakrise an Bedeutung verloren hat. Aber wir erinnern uns: 63,9 % der Befragten gaben bereits an, dass Nachhaltigkeit langfristig wieder ein wichtiger Maßstab sein wird. Und so ist sich Stefan Holzner, Inhaber Metzgerei Holzner aus Pliening (Bild linls), sicher: „Wer in zehn Jahren noch nichts fürs Tierwohl getan hat, wird nicht mehr bestehen können.“ Ein weiterer Umfrageteilnehmer ergänzt: „Man sollte das Engagement nicht immer nur auf die anderen schieben, sondern bei sich selbst anfangen. Jede Kleinigkeit zählt.“
Marketingfloskel oder nachhaltiger Gastgeber aus Leidenschaft – so oder so bedarf es dem Einsatz der ganzen großen Gemeinschaft, denn Nachhaltigkeit ist nur bedingt eine Aufgabe, die allein bewältigt werden kann.

Hintergrund: Die online durchgeführte Umfrage basiert auf Antworten von 860 Verantwortlichen aus Gastronomie (26,3 %), Hotellerie (19,1 %) Gemeinschaftsverpflegung (27 %), Schulverpflegung (8,4 %), Fleischerhandwerk (16,5 %) und Lebensmittelproduktion (2,8 %). Sie alle haben bei unserer Umfrage zum Thema Nachhaltigkeit im Außer-Haus-Markt mitgemacht. Die Gesamtauswertung finden Sie in unserer Sonderausgabe #spürbargrün ab Seite 16.
Eine ausführliche Auswertung der Teilbereiche Gastronomie, Hotellerie sowie Gemeinschafts- und Schulverpflegung finden Sie in diesem Beitrag.

Jeanette Lesch

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