Professioneller Pragmatismus

Fleisch-Marketing_01_02_2017

Top-Thema • Bio-Produkte An der Mopro-Bedienungstheke werden täglich 200 unterschiedliche Käse angeboten. Für Vielfalt sorgt auch das kontinuierlich wechselnde Sortiment. gleichberechtigtes Mitglied gewesen und habe den „Momo-Einheitslohn“ erhalten, der sich an Ertrag und Stundenzahl orientierte. Entscheidungen seien stets im Konsens, also nicht demokratisch, sondern einstimmig getroffen worden, erzählt Schaefer-Groebel. Das führte bisweilen zum Stillstand – beispielsweise bei der Frage, ob ein Faxgerät angeschafft werden soll. Selbst nach einem Diskussionswochenende in der Eifel war man sich nicht einig – und das Faxgerät wurde nicht gekauft. Intelligente Strategien Mit der Zeit setzte sich die zwar die Erkenntnis durch, dass man mit dem Laden von 80 Quadratmeter Größe angesichts von „desaströsen Finanzlöchern“ auf Dauer nicht überleben könne, aber das Vorhaben, sich zu vergrößern, scheiterte „aus unterschiedlichen Gründen“, wie es Schaefer-Groebel achselzuckend ausdrückt. Das änderte sich, als in unmittelbarer Nähe des inzwischen inhabergeführten „Momo“ die Filiale einer Bioladen- kette eröffnet werden sollte. „Wir konnten den Vermieter davon überzeugen, dass wir die besseren Geschäftspartner sind“, berichtet Schaefer-Groebel, und so zog „Momo“ im August 2005 in die jetzigen Geschäftsräume, wo 600 Quadratmeter Verkaufsfläche zur Verfügung stehen. Krisen-Management war auch gefragt, als der mächtige Rivale Alnatura auftauchte und hundert Meter entfernt einen schicken „Super Natur Markt“ eröffnete. In mehreren Meetings brachte Schaefer-Groebel die Mitarbeiter auf Linie. „Ich habe gesagt: Jetzt geht’s um die Existenz, auch um eure“, erinnert er sich. Das Bewusstsein, um jeden Kunden kämpfen zu müssen, habe einen Motivationsschub gebracht. „Plötzlich hatten alle das Gefühl, an einem Strang zu ziehen“, beschreibt er die damalige Situation. Um nicht – wie viele der Pioniere der Öko- Bewegung – den Konkurrenzkampf gegen eine durchrationalisierte Bio-Supermarktkette zu verlieren, benötigte man jedoch eine intelligente Strategie. Nach einer Analyse der eigenen Stärken und Schwächen im Vergleich mit der Konkurrenz, erkannten die Momo- Verantwortlichen schnell, dass ein Preiswettbewerb nicht zu gewinnen ist und stattdessen die Konzentration auf Regionalität, Frische und hohe Beratungsqualität Erfolg verspricht. Auch der „Bringdienst“ half, sich gegen die Konkurrenz zu behaupten. Heute entfallen 15 Prozent des Umsatzes auf Waren, die nach Hause geliefert werden. Speziell am Anfang habe es überdies einen starken Solidarisierungseffekt gegen den Bio-Goliath gegeben, der natürlich auch auf dem ho- hen Stammkundenanteil beruhte, erklärt Schaefer-Groebel. So stiegen nach der Eröffnung des Alnatura Marktes die Umsätze bei Momo um 30 Prozent und mittlerweile kann Schaefer- Groebel der Konkurrenz auch etwas Gutes abgewinnen. „Auf der einen Seite heben wir uns mit unserem Sortiment von Alnatura ab, auf der anderen Seite bekommt man als Bio- Für die Fleischtheke ist die Biometzgerei Huth zuständig, und das wird auch deutlich kommuniziert. Anhänger nun in Beuel auf kleinem Raum fast alles, was man möchte“, begreift er den Kontrahenten eher als Ergänzung. Als wichtiges Unterscheidungsmerkmal gilt Schaefer-Groebel die ökologische Authentizität. Saisonalität spielt dabei eine große Rolle. So verzichten seine Kunden beispielsweise im Winter gerne auf Erdbeeren, weil „Flugware“ der ursprünglichen Idee widerspricht und der Umwelt schadet. Energieeinsparung steht ebenfalls weit oben auf der Prioritätenliste. Deshalb versuche man so viel Strom, wie möglich zu sparen, erklärt Rothert. Allerdings würde man dabei nicht aus den Augen verlieren, was notwendig sei, um wirtschaftlich erfolgreich zu sein – beispielsweise beim Einsatz von Licht, fügt er an. Bei der Energiegewinnung geht Momo eigene Wege. Es gibt nicht nur eine Kraft-Wärme Anlage im Keller, sondern auch eine stattliche Photovoltaik-Anlage auf dem Dach. Ihre Besonderheit liegt jedoch nicht in der Größe, sondern in ihrer Entstehung: Acht Bonner wollten in Solarmodule investieren, obwohl sie selbst kein Dach für eine Solaranlage besaßen. Da sowohl Schaefer-Groebel als auch sein Vermieter schnell von der Idee überzeugt waren, arbeitet nun auf dem Dach des Bioladens das erste „Bürgerkraftwerk“ der Stadt. So wird ein Viertel des für den Betrieb von „Momo“ benötigten Stroms „selbst hergestellt“. Der Rest kommt ebenfalls aus regenerativen Quellen. Das größte Pfund, mit dem „Momo“ wuchern kann, ist allerdings das Frischesorti- 18 1-2/2017 F leisch-Marketing


Fleisch-Marketing_01_02_2017
To see the actual publication please follow the link above