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reinen Profit stellt. GWÖ-Anhänger kritisie-ren, dass Gewinnstreben und Konkurrenz als Grundkoordinaten des Wirtschaftens nur den Egoismus und Eigennutz fördern – aber nicht das, was vielen Menschen wichtig ist: Attribu-te wie Vertrauen, Sicherheit, Sinnerfüllung etc. Deshalb hat Michil Costa in seinem Hotel einige grundlegende Weichen gestellt, die ein gerechteres Wirtschaften ermöglichen sollen: eine ausgewogene Aufteilung der Arbeitszeiten, eine gerechtere Ent-lohnung, Mitbestimmung und die Verwendung nachhaltig produzierter Lebensmittel. Überschüsse dürfen nur für Investitionen mit so-zialem oder ökologischem Mehrwert oder die Rückzah-lung mit der Gemeinwohl-ökonomie von Krediten und Rücklagen Wir haben verwendet werden. Die transparente Arbeitskultur beschreibt der Hotelier wie folgt: „In unserem Haus herrscht eine ziemlich aus-geprägte innerbetriebliche Demokratie, und unsere Familie entscheidet nie im Alleingang, sondern immer zusammen mit den Abteilungs-leitern.“ Auch darüber, wie weit das jeweils höchste und das niedrigste Einkommen im Team auseinander liegen dürfen, wird ge-meinschaftlich entschieden. Die maximale Ein-kommensschere zwischen dem Höchst- und Mindestverdienenden unter den Mitarbeitern darf maximal das Eins- zu Fünffache betragen. Selbst Michil Costas Gehalt ist auf einen Maxi-malbetrag gedeckelt. Diese Gehaltspolitik stößt nicht bei allen auf Gegenliebe. Doch für Michil Costa kommt es hier auf die innere Haltung an: „Bevor wir einen Mitarbeiter einstellen, klären wir ihn über die Werte in unserem Haus auf – und die müssen auch von ihm geteilt werden. Man darf nicht vergessen: Wenn ein Mensch nur für Geld kommt, dann geht er auch für Geld.“ Gemeinwohl-Bilanz ziehen Auch Karin Leeb, die Eigentümerin des Hotel Hochschober in Kärnten, führt ihren Hotel-betrieb seit einigen Jahren im Einklang mit dem GWÖ-Gedanken. Im Jahr 2010 lauschte sie auf einer Nachhaltigkeitskonferenz dem aus Österreich stammenden GWÖ-Vordenker Christian Felber zum Thema Gemeinwohl-ökonomie. Sofort hat sie die Idee fasziniert, dass soziales Engagement ebenso wie verantwortungsvoller Umgang mit den Energie-Ressourcen belohnt statt bestraft werden sollte. Auch schon bevor sie zum ersten Mal davon hörte, hatte sie zusammen mit der Familie vieles zum Wohl ihres Teams und der Umwelt angesto-ßen, z. B. eine eigene Akademie, vorbildliche Sozialleistungen für die Mitarbeiter sowie ressour-cen- und umweltschonende Maßnahmen. Doch nun geht es für sie auch darum, die Öko-nomie an sich neu zu denken. Um zu messen, wie ethisch ein Unterneh-men trotz aller Gewinnziele ist, können Be-triebe von unabhängigen Prüfstellen eine Gemeinwohlbilanz erstellen lassen, welche an Stelle der „normalen“ Finanzbilanz tritt. Ein Unternehmen schneidet umso besser ab, je sozialer, ökologischer oder demokratischer es agiert. Der Maßnahmenkatalog umfasst ins-gesamt 20 Punkte, die bei der Prüfung abge-klopft werden. „Bei einer normalen Bank werden mitarbeiter-fördernde Maßnahmen oder die Investition in erneuerbare Energien nur als Kosten wahrge-nommen, die sich in schlechteren Kennzahlen und Kreditkonditionen niederschlagen“, kriti-siert Karin Leeb. „Darauf, wie verantwortungs-voll im Unternehmen agiert wird, schaut die normale Bank in der Regel nicht.“ Bei der GWÖ sei dies von Grund auf anders. „Hier geht es um die Verantwortung des Unternehmens gegen-über dem eigenen Umfeld. Es ist für uns eine Bereicherung zu entdecken, dass Wirtschaft auch ganz anders funktionieren kann – mit messbaren Erfolgen“, betont Karin Leeb. USP GWÖ Wie eine Gemeinwohlbilanz aussieht, kann der Gast im Hotel La Perla z. B. in der Haus-zeitung „Pills“ nachlesen. Akribisch wird darin aufgeführt, wie es um die Arbeitsplatzqua-lität in dem Südtiroler Hotel bestellt ist, die Ökologie oder die Solidarität mit anderen. Für jeden Punkt gibt es hier eine Art Score: BUNTER GENIESSEN BLANCO BASIC LINE setzt Speisen einwandfrei in Szene. Mit vielen Farben und Materialien passt die Speisenausgabe in jedes Ambiente – für mehr Spielraum im Gastraum. www.blanco-professional.de „ein Alleinstellungsmerkmal hinzugewonnen.“ Karin Leeb Michil Costa (l.) vom La Perla ist überzeugt: „Neue Gäste kommen, weil wir mit der GWÖ eine deutliche Marktpositionierung gewonnen haben.“ Auch für Karin Leeb (r.) vom Hotel Hochschober ist es eine Bereicherung, dass „Wirtschaft auch anders funktionieren kann“. Fotos: Hotel Hochschober, Hotel La Perla, © eyetronic – Fotolia.com, © Zakharov Evgeniy – Fotolia.com


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