sales_trend: - Burger im Heim?

FT_04_2015

Fotos: prancat – Fotolia.com, privat Herr Barlovic, wodurch werden Ernährungs-vorlieben im Wesentlichen geprägt? Die Vorliebe für Süßes ist angeboren. Evolutionär ist in uns verankert, dass Süßes nicht giftig ist. Prägend ist bereits die Zeit im Mutterleib: Was die Mutter während ihrer Schwangerschaft isst, wird später auch vom Nachwuchs bevorzugt. Doch es gibt noch weitere Einflussfaktoren: Je öfter man in der Kindheit etwas Bestimmtes isst, desto eher wird man es mögen. Einen starken Einfluss haben Vorbilder, die Essverhalten vorleben. Zunächst die Eltern, dann die Kindergartengruppe und später der Freundeskreis. Wie haben sich die Ernährungsvorlieben der letzten Generationen geändert? Im Grunde gab es über die Jahre hinweg erstaunlich wenige Änderungen. Der Gemüsekonsum blieb nahezu konstant, und auch die Menge von Fleisch und Fett, die wir zu uns nehmen, hat sich seit den 1970er Jahren kaum geändert. Wir essen heute weniger Kartoffeln, dafür mehr Getreideprodukte. Und wir verzehren mehr Obst und Gemüse. Warum unsere Bevölkerung zusehends übergewichtiger wird? Vielleicht hängt dies weniger mit den Nahrungsmitteln zusammen, die wir zu uns nehmen, sondern mit dem Lebensstil insgesamt. Wir essen unregelmäßig, oft unter Zeitdruck. Und wir bewegen uns pauschal weit weniger. Unsere Ernährung war früher nicht besser? War vor 40 Jahren das fette Brathähnchen der Wienerwald-Kette gesünder als ein Burger von McDonald’s? Die Ernährung unserer Väter und Mütter war nicht unbedingt besser! Gemüse und Obst waren z. B. weit mehr mit Schadstoffen belastet, als das heute der Fall ist, weil mit Dünger und Spritzmitteln sorgloser umgegangen wurde. Auch über die Emissionen von Kohlekraftwerken machten sich damals weit weniger Menschen Gedanken. Die Kriegsgeneration zuvor war froh, wenn es überhaupt etwas zu essen gab. Hier war Mangelernährung das Problem. Menschen neigen dazu, frühere Zeiten zu verklären. Bei näherer Betrachtung relativiert sich das Bild schnell. Doch Kinder und Jugendliche verlangen im-mer nur Pizza und Pommes – klagen zumin-dest Schulmensabetreiber... Das liegt leider oft an der mangelnden Qualität! Wenn verkochte Möhren und Zucchini auf den Teller kommen oder Kohlgeruch in der Luft liegt, muss sich niemand wundern, dass die Kids streiken. Bevor sie Matschgemüse essen, wollen sie lieber Pizza. Kinder mögen im Übrigen auch Obst, allerdings lieber in Form eines Fruchtcocktails, denn als ganze Früchte. Das Auge isst mit, und auch die Bequemlichkeit ist für diese Generation ein Kriterium. Burger im Heim? Ingo Barlovic, Geschäftsführer des Kinder- und Jugendforschungsinstituts iconkids & youth, über die genussorientierte Pommes-Generation und gesunde Ernährung als möglichen Massentrend. 116 Kompendium 2015


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