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FH_01_2014

Foto: Marketing Handwerk  MARKETING wenig Sinn. Ein gutes Beispiel dafür sind Offer-ten im Internet. Hier finden Kunden immer ei-nen Anbieter, der noch billiger ist – und wenn er aus dem Ausland angefahren kommt. Viele Handwerksunternehmen beteiligen sich an öffentlichen Ausschreibungen. Ihre Kunden sind gehalten, dem günstigsten An-gebot den Zuschlag zu geben. In diesem Fall sieht es für die „emotionale Kundenbindung“ schlecht aus, oder? Von Give-aways würde ich hier – Stichwort „Vorteilsannahme“ – sicherheitshalber abse-hen. Natürlich sind die ausschreibenden Stel-len angehalten, möglichst kostengünstig zu vergeben. Aber es gibt durchaus Spielraum. Die Themen „Beratung“ und „Qualität“ sind auch hier relevant. Und die Standortnähe darf man ebenfalls nicht unterschätzen. Hand-werksbetriebe, die viel mit dem öffentlichen Sektor arbeiten, sollten sich immer wieder als zuverlässige Lieferanten hochwertiger Leis-tung in Erinnerung bringen und eine gute Vernetzung aufbauen. Aber darüber hinaus ist Kundenbindung natürlich nur eingeschränkt möglich. Als einen Bereich, in dem ein Unternehmen Kundenbindung betreiben kann, nennen Sie professionelles Beschwerdemanagement. Was hat man sich darunter konkret vorzustellen? Wenn ein Kunde sich beschwert, ist das für den Betrieb ein wertvoller Hinweis auf eine Schwachstelle. Das sollte man dem Kunden auch so zu verstehen geben: durch eine zeit-nahe Rückmeldung, in der man seinen Dank ausdrückt, und eine kleine Entschädigung. Natürlich gibt es auch ungerechtfertigte Be-schwerden und Kunden, die immer etwas auszusetzen haben. Das sind dann die Heraus-forderungen beim professionellen Beschwer-demanagement. Wichtig ist: Der Kunde – auch der schwierige Kunde – muss immer das Ge-fühl haben, mit seiner Beschwerde ernst ge-nommen zu werden. Inwieweit ist es empfehlenswert, Kundenbin-dung nicht im Sinne isolierter Aktionen zu be-treiben, sondern – Stichwort „Nachhaltigkeit“ – Maßnahmen im Rahmen eines Gesamtmar-ketingkonzepts zu realisieren? Idealerweise sollte am Anfang jeder Marke-ting- Aktivität die Frage gestellt werden: „Wie könnte mein Gesamtkonzept aussehen?“ Und es gibt ja durchaus Betriebe, die mit viel Kreativität und Einsatz zusätzlich zu den eigenen Kernkompetenzen ihre Kundenkommunika-tion nachhaltig entwickeln und konsequent betreiben. Das ist allerdings stark inhaberab-hängig. Wo intern keine personellen Kapazitä-ten vorhanden sind, wäre eine Beratung durch einen Marketing-Profi sicher sinnvoll. Aber das ist natürlich eine Kostenfrage. Und hier zögern viele Betriebe zu investieren, weil sie den Be-darf nicht sehen. CRM-Software bietet viele Möglichkeiten, effi-zient und professionell Kundenbindung zu be-treiben. Für welche anderen Gewerke sehen Sie hier noch Potenzial? Grundsätzlich gibt es im Handwerk noch viel Potenzial für den Einsatz von softwareun-terstütztem Kundenbindungsmanagement. Allerdings ist die Voraussetzung für den Ein-satz von CRM-Systemen die systematische Erfassung von Kundendaten. Und hier haben manche Betriebe einen klaren Nachteil: Wer morgens beim Bäcker seine Brötchen kauft, hinterlässt in der Regel keine Informationen über sich. Andererseits kenne ich einen Metz-ger, der eine computerlesbare Kundenkarte anbietet. Ob sich der Einsatz spezieller CRM-Software empfiehlt, hängt also stark von den Gegebenheiten im einzelnen Betrieb ab – den technischen, den personellen und den finanzi-ellen, denn die Pflege von Datenbanken birgt ja auch einen gewissen Aufwand. Was sollten Betriebe im Hinblick auf die Er-folgsmessung ihrer Kundenbindung beachten? Betriebe, die CRM-Software einsetzen, bekom-men automatisch Auswertungen ihrer Akti-vitäten. Man muss aber nicht komplexe Sta-tistiken interpretieren, um zu sehen, ob man unternehmerisch auf dem richtigen Weg ist. „Weiche“ Indikatoren tun es auch: Steigert sich mein Umsatz? Um 10 %? Um 20 %? Habe ich mehr oder weniger Kunden als im Vergleichs-zeitraum? Nimmt der Anteil meiner Stamm-kunden zu oder ab? Erfolgsmessung muss nicht aufwändig sein. Aber es ist wichtig, Ent-wicklungen im Blick zu behalten und die eige-nen Aktivitäten regelmäßig zu hinterfragen. Wie wichtig ist Ihrer Einschätzung nach die professionelle Umsetzung von Marketing- und speziell Kundenbindungsmaßnahmen? Bei allem, was die Außendarstellung eines Be-triebes betrifft, Internetauftritt, Geschäftsaus-stattung oder Broschüren, sollte auf eine pro-fessionelle Umsetzung Wert gelegt werden. Wer sich professionell präsentiert, dem traut man als Kunde automatisch zu, dass er auch professionell arbeitet. Zur Umsetzung speziell von Kundenbindungsmaßnahmen: Auch hier gibt es ja professionelle Dienstleister, an die man „outsourcen“ kann. Gerade hier ist es aber oft der direkte Kontakt zwischen Betrieb und Kunden, der eine langfristige Beziehung ent-stehen lässt. Damit sind wir wieder bei der „emotionalen Bindung“, die gerade für Hand-werksbetriebe so wertvoll ist. Wenn der Metz-germeister beim Workshop selber am Grill steht, fühle ich mich als Kunde eben wirklich noch persönlich angesprochen und wertge-schätzt. Vielen Dank für das Gespräch! Sterne des Handwerks Unter der Schirmherrschaft der Aktion Modernes Handwerk und gefördert vom Mercedes-Benz Vertrieb Deutschland suchte der Wettbewerb „Sterne des Handwerks“ Betriebe, die sich durch besonders originelle und innovative Kundenbindungsmaßnahmen auszeichnen. Zu den 20 Finalisten, die auf der IHM 2014 um den Titel ringen, zählt auch die Metzgerei Der Ludwig aus dem hessi-schen Schlüchtern. Auf den Gewinner wartet ein nagelneuer Mercedes-Benz Vito. www.sterne-des-handwerks.de Die Aktion Modernes Handwerk (AMH) un-terstützt Organisationen und Betriebe des Handwerks bei ihrer Öffentlichkeitsarbeit und Imagepflege. Getragen von rund 400 Mitglie-dern – Handwerkskammern, Fachverbänden, Kreishandwerkerschaften, Innungen, Betriebe und fördernde Mitglieder – vernetzt die AMH Marketing und Kommunikation des Hand-werks, seiner Betriebe und Organisationen. www.amh-online.de 40 1/2014


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